Akt II  
         
    Talbach    
    Madame Claire    
       

Aber dann war da diese andere Stimme in ihm, die, angefacht von den Erfolgen mit den Skateboard-Tricks und der erlebten Gemeinschaft, flüsterte: "Das ist die Gelegenheit! Wer weiß, wann die wiederkommt. Versuch es, du hast nichts zu verlieren!" Und Rob gefiel, was die Stimme sagte. Er stieg die Treppe hinab.
"Einmal Eintritt. Ähm, für Schüler", bestellte Rob an der Kasse.
Der schwarz gekleidete Sicherheitsmann trat auf ihn zu. "Na, wie alt sind wir denn... Schüler?"
"S-sechzehn", log Rob, "gerade drüber."
Der Wächter runzelte die Stirn.
"Über der Grenze, meine ich."
"Und", hakte der Mann nach, "haben wir auch einen Ausweis?"
Rob kramte demonstrativ in den Taschen. "Vergessen, so'n Scheiß!" Er unterdrückte ein Grinsen.
"Hey, du reimst gut", meinte der Verkäufer an der Kasse, "bist du bei der Open-Mike-Session dabei? Soll ich dich auf die Liste setzen? Welcher Name?"
"Äh yo, keine Frage", Rob fand Gefallen an dem Spiel, "Rappin' Rob Rhyme Cop kennt kein Erbarmen!" Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie der Wächter mit einem anderen Gast zugange war. Fix legte er ein paar Münzen auf den Kassentisch und verschwand im Innenraum.
Das Erlebnis war fantastisch! Nie zuvor hatte Rob so ausgelassen getanzt, gefeiert, seinen Gefühlen freien Lauf gelassen. Das T-Shirt war schweißnass von endlosem Gehüpfe, Applaudieren und Mitsingen. Zwei Bands waren bislang aufgetreten. Nun stand der Mann von der Kasse auf der Bühne und kündigte eine 'Open-Mike-Freestyle-Session' an.
Dies war der absolute Höhepunkt. Rapper improvisierten aus dem Stand heraus irrsinnige Texte zum Takt, den der DJ vorgab. In Dialogen machten sie sich gegenseitig nieder, übertrafen sich in den Reimen, die ihnen spontan, scheinbar ohne nachdenken zu müssen, von der Zunge gingen. Rob wurde schwindelig von der Energie, die sich über das Publikum ausbreitete. Alles drehte sich...
"Und nun eure Hände hoch für Rob Rhyme Cop!" Applaus brandete auf.
Mit einem Schlag war Rob in die Wirklichkeit zurückgeholt.
"Mein Mann Rob? Rappin' Rob Rhyme Cop auf die Bühne!"
Rob nahm Reißaus. Er drängte sich durch die Menge, suchte den Ausgang. Er schubste Menschen zur Seite, kippte volle Becher um, stieß sich das Knie an einer Theke. Schließlich stand er in der Eingangshalle des Turmes. Er hörte, wie draußen der Regen prasselte.
"Mistwetter, was?" Derselbe Wachmann stand noch immer am Eingang.
Rob stürmte hinaus. Ein Blitz zuckte.
"Oh shit, oh shit, oh shit", fluchte Rob. Irgendwo hatte er sein Skateboard gelassen. Aber wo? Er wusste es nicht mehr. In der Disko hatte er es nicht gehabt. Er suchte draußen zwischen den Büschen, jedoch ohne Erfolg.
Ein Donnerschlag!
In einem Papierkorb fand Rob eine trockene Zeitung, hielt sie sich über den Kopf. Das würde nie reichen bis zum Zeltplatz. Aber was konnte er machen?
Von Schweiß und Regen durchnässt suchte Rappin' Rob Rhyme Cop im Dunkeln nach einem Weg aus der Stadt.

  III. Die Kaiserin